Gedanken zur „Freiheit durch Sozialismus“

Symposium der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Tel Aviv am 12. März 2009
Rede von Petra Pau

[pdf, deutsch]; [pdf, englisch]; [pdf, hebräisch]

Mein Vortrag beginnt mit zwei Episoden, man könnte auch sagen: mit zwei „Störfällen“. Dazu gehört ein kurzer Ausflug in die Geschichte. Vorab will ich jedoch klarstellen: Ich bin praktizierende Politikerin und keine forschende Theoretikerin. Natürlich agiere ich nicht blind ins Blaue oder ins Rote hinein. Ich habe Leitlinien. Aber nun erstmal die Geschichten zur Geschichte:

Im August 1900 wurde Wilhelm Liebknecht in Berlin beerdigt. Zehntausende nahmen damals Abschied von dem Mitbegründer der SPD. Später wurden auf demselben Friedhof in Friedrichsfelde weitere bekannte Sozialdemokraten beigesetzt, unter anderem Paul Singer. Seither, also noch vor dem I. Welt-Krieg, hieß die Begräbnisstätte „Sozialisten-Friedhof“.

1924 wurde dort ein Denkmal für die 1919 ermordeten Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg errichtet. 1926 folgte eine Gedenkstätte. Die Nazis schleiften den Bau und ließen die Gräber namhafter Sozialisten und Kommunisten einebnen. 1951, zu DDR-Zeiten, wurde eine neue „Gedenkstätte der Sozialisten“ eingeweiht. Es gibt sie weiterhin und nicht nur sie.

Alljährlich wird am zweiten Januar-Sonntag der Persönlichkeiten gedacht, die dort beerdigt wurden, allen voran Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Zu DDR-Zeiten verkam dies zu einer Huldigung der Bevölkerung gegenüber der Partei- und Staatsführung. Mit dieser autoritären Zeremonie wurde 1990 gebrochen. Die DDR verschwand, aber die Ehrung blieb, bis heute.

Den ersten erwähnten „Störfall“ gab es 1988. Damals demonstrierte eine Gruppe DDR-Bürgerrechtler am Rande des offiziellen Gedenkens mit einem Zitat von Rosa Luxemburg: „Die Freiheit ist immer die Freiheit der anders Denkenden.“ Die Staatssicherheit schritt ein. Ein Satz von Rosa Luxemburg wurde als Provokation empfunden. Seither ist er in aller Munde.

2006 gab es den zweiten „Störfall“ jüngeren Datums. In unmittelbarer Nähe der „Gedenkstätte der Sozialisten“ wurde ein weiterer Gedenkstein errichtet. Er trägt die Aufschrift „Den Opfern des Stalinismus“. Flugs wurde er das, was er werden sollte: ein „Stein des Anstoßes“. Auch dieses Jahr zerstritten sich an ihm wieder vielfältigste Geister, die sich links wähnen.

Rückblickend sage ich: Der Störfall anno 1988 verriet viel über die geistige Starre der DDR. Einerseits wurde Rosa Luxemburg zur sozialistischen Ikone in eigener Sache erhoben. Andererseits galt es als Verrat am Sozialismus, wenn sie zitiert wurde. Die Bürgerrechtler hatten meinem Land einen Spiegel vorgehalten. Zum Vorschein kam ein autoritärer Obrigkeitsstaat.

Um jedem falschen Eindruck zu begegnen: Ich gehörte damals nicht zu den Bürgerrechtlern. Ich ging Jahr für Jahr und aus gut geglaubter Tradition zu der offiziellen Ehrung für Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Selbst das Zitat - „Die Freiheit ist immer die Freiheit der anders Denkenden“ - war mir seinerzeit nicht bekannt, trotz Studium und Diplom.

Inzwischen weiß ich selbstverständlich, dass Rosa Luxemburg diesen pointierten Gedanken 1917 mit Blick auf die Oktoberrevolution in Russland formuliert hatte. Es war eine Warnung vor falschen Autoritäten, vor neuen Obrigkeiten, vor selbstgefälligen Anmaßungen, die letztlich allesamt in unterwürfige Herrschaft münden, anstatt mehr Demokratie zu verheißen.
Rosa Luxemburg erstrebte einen demokratischen Sozialismus. Wie er genau geformt sein könnte, blieb schemenhaft. Klar indes schien ihr wohl: Die neue Zeit durfte nicht hinter die historischen Errungenschaften der Französischen Revolution zurückfallen. Vielmehr wollte sie die 1789 erkämpften Bürger- und Freiheitsrechte revolutionär erweitern.

Daher auch ihre Skepsis gegenüber Lenin und dem Kurs der Bolschewiki. Sie kommentierte mit großem Respekt deren revolutionären Elan. Sie räumte ein, dass es für große Weltenwechsel nirgendwo ein vorgeschriebenes Drehbuch gäbe, nach dem alles gut würde. Aber sie warnte davor, aus Fehlern in der Not eine Tugend zu machen und diese auch noch als verbindlich zu dekretieren.

Damit meinte sie insbesondere die Geringschätzung der Demokratie und solcher Errungenschaften, wie Meinungs- und Pressefreiheit. Ihre positive Sicht auf die „Diktatur des Proletariats“ schloss eine „ungehemmte Teilnahme der Volksmassen, in unbeschränkter Demokratie“ ein. Ohne dies, so Rosa Luxemburg sinngemäß, lande der ganze Aufbruch in einer Rolle rückwärts.

Im selben Sinne kritisierte sie auch das Wahlrecht, das im revolutionären Russland nur jenen zustehen sollte, die von ihrer eigenen Hände Arbeit leben. Auf ähnliche Gedanken kamen in der Bundesrepublik Deutschland übrigens jüngst CDU-Politiker. Insofern war es gut, Rosa Luxemburg erneut zu lesen. Es wäre mir sonst entfallen, dass sich ausgerechnet die Union auf Lenin stützt.

Rosa Luxemburg konnte damals nur ahnen, wohin das praktisch führen würde. Die wechselvolle Geschichte des Sozialismus sowjetischer Prägung hat sie leider bestätigt. Die Anfangsfehler der Bolschewiki - insbesondere die Negierung von Bürger- und Freiheitsrechten - führten zu weitreichenden Blockaden. Dieser Systemfehler führte letztlich zur „Wende“ 1989-90.

Gleichwohl bleibt eine Frage, die unter Linken immer wieder aufbricht: Wie verhalten sich soziale Rechte einerseits und individuelle Freiheitsrechte anderseits zueinander? Diese Frage gehörte auch zu den ausgewiesenen Unklarheiten, als in Deutschland 2007 die Partei DIE LINKE gegründet wurde. Nachzulesen ist das in ihren programmatischen Eckpunkten.

Etliche Protagonisten der neuen Linkspartei waren der Meinung, im Zweifelsfall müsse das Soziale vor der Freiheit rangieren. „Was nützt einem verarmten und aids-kranken Afrikaner die Presse-Freiheit?“ Das war nur eine Floskel, die als Argument für diese Position eingeführt wurde. Der Positiv-Kern: Ohne soziale Gerechtigkeit gibt es auch keine Freiheit als Menschenrecht.

Der Negativ-Kern derselben Argumentation: Bürger- und individuelle Freiheitsrechte werden verhandelbar, wenn dies vermeintlich der sozialen Gerechtigkeit dient. Das Gegenstück dazu findet sich übrigens im Freiheits-Verständnis bürgerlich-liberaler Parteien. Sie stellen die Freiheit über alles und sie nehmen zugleich in Kauf, dass die Welt dabei sozial aus den Fugen gerät.

Rosa Luxemburg hatte wohl beides im Blick. Das Soziale ohnehin, aber auch das Freiheitliche. Beides für alle. Das wäre das Neue gewesen. Seither sind 90 Jahre vergangen. Aber wir sind nicht wirklich weiter. Individuelle Freiheit und soziale Sicherheit verkommen erneut und zunehmend zu Exklusiv-Rechten. Auch der Kapitalismus des 21. Jahrhundert trägt diese Barbarei in sich.

Übrigens: Gerade der verarmte, aids-kranke Afrikaner bedarf dringend bürgerlicher Freiheitsrechte. Denn ohne sie kann er sich schwerlich seiner Armut erwehren. Und ohne sie kann er auch nicht gegen die profit-gierige Gleichgültigkeit der Pharma-Konzerne vorgehen. Linke sollten daher schon aus sozialen Erwägungen immer Bürger- und Freiheitsrechte hoch halten.

Aber das ist nur die eine Seite. In einem verbreiteten Arbeiterlied heißt es: „Die Internationale erkämpft das Menschenrecht!“ Was aber ist des Menschen Recht? Eine Definition findet sich in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom Dezember 1948. Sie beschreibt 30 Rechte, die allen Menschen zustehen. Und das aus einem einfachen Grund: Weil sie Menschen sind.

Nach dieser Denkschule entspringt der universelle Anspruch auf Menschen-, Freiheits- und Bürgerrechten nicht dem Wohlwollen irgendeiner Staats- und Gesellschaftsordnung, sondern dem Menschsein selbst. Jedwede Staats- und Gesellschaftsordnung hat demnach diesem Menschsein als Freie unter Gleichen zu dienen. Oder sie ist eben keine freiheitlich demokratische Gesellschaft.

In diesem Ansatz treffen sich scheinbar verschiedene Strömungen. Man findet ihn religiös begründet. Der Bürgerlich-Liberale verbindet sich so mit der Epoche der Aufklärung. Die Linke wiederum beruft sich auf Karl Marx, wonach die Freiheit jedes Einzelnen die Voraussetzung für die Freiheit aller sei. Wir sehen, es gibt offenbar ein breites Bündnis von Jesu über Voltaire bis Rosa Luxemburg.

Das ist übrigens ein weiterer Punkt, an dem sich der Sozialismus sowjetischer Prägung blamiert hat. Die Freiheit des Einzelnen wurde der „großen Sache“ untergeordnet. Das Marx-Zitat wurde ins Gegenteil verkehrt. Sein Freiheits-Anspruch wurde ins kommunistische Utopia verschoben. Bis dahin galten andere Regeln. Dieser Kopfstand wurde auch noch als Dialektik verkauft.

Gleichwohl gibt es eine klare Trennlinie, die bürgerlich Liberale und libertäre Linke in der Freiheitsfrage trennt. Die ersten definieren Freiheit als individuelles Menschenrecht, das der Staat nicht beeinträchtigen darf. Die anderen definieren Freiheit als individuelles Menschenrecht, das der Staat zu gewährleisten hat. Dazwischen liegen Welten - vor allem ein gegensätzliches Staatsverständnis.

Die bürgerlich Liberalen wollen im Namen der Freiheit weniger Staat und mehr Individualität. Die libertären Linken wollen namens der Freiheit einen gerechten Staat und mehr Gesellschaft. Das ist ein fundamentaler Unterschied. Beide treffen sich bei der Verteidigung des Rechts-Staates. Beide trennen sich, wenn es um einen solidarischen Sozial-Staat und um die Gesellschaft geht.

Und so sind in der bundesdeutschen Politik derzeit die eigentlich inhaltlichen Gegenpole die FDP und DIE LINKE und nicht etwa die CDU/CSU einerseits und die SPD andererseits. Man kann dies übrigens auch in der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise gut beobachten. Dabei rede ich jetzt nicht von den staatlichen Konjunkturpaketen mit hunderten Milliarden Steuergeldern.

Mir geht es um die politische Richtung, mit der diese Unsummen eingesetzt werden sollen. Die Haltung der FDP ist klar: Hände weg vom Privat-Eigentum. Und dies umso lauter, je mehr die SPD, aber auch die CDU über Verstaatlichungen nachdenken, um Arbeitsplätze zu retten. Eigentlich, denken viele, ist das doch der originäre Part der LINKEN. Ist es aber nicht.

Unsere Position ist: Wenn mit Steuergeldern schon private Unternehmen gerettet werden, dann muss die Gegenleistung darin bestehen, dass die Belegschaften mehr und mehr am Unternehmen beteiligt werden. Das aber wäre keine Verstaatlichung, sondern eine Form der Vergesellschaftung. Sie wäre obendrein mit mehr Mitsprache, also mit mehr Demokratie verbunden.

In diesem Zusammenhang fiel mir wieder ein Zitat von Wolfgang F. Haug ein. Der international ausgewiesene Marx-Kenner meinte 1999 in seinem Buch „Politisch richtig oder richtig politisch“: „Links ist alles Handeln, dass Welt aus dem Reich des Privateigentums zurückgewinnt, ohne sie dem Reich des Staatsapparats auszuliefern.“

Diese Überlegung ist übrigens so neu nicht. Dieselbe Grundidee stand auch bei der Gründung der Kibbuze Pate. Sie sollten eine solidarische Gemeinschaft mit einer ausgewiesenen Demokratie sein. Eine Demokratie als Bürgerrecht, die sich nicht aufs Wählen beschränkt. Freiheit und soziale Gerechtigkeit für alle waren als Markenzeichen gesetzt. In der großen weiten Welt sieht es indes anders aus.

Ich beobachte das gern aus der Perspektive von 2 ½ Gesellschaftssystemen, die ich erlebt habe: den real existierenden Sozialismus in der DDR, den real existierenden Kapitalismus in der BRD und dazwischen die so genannte Wendezeit. Über sie hieß es noch lange in einer Losung an einer Berliner Hauswand: „Das Chaos ist aufgebraucht - es war die schönste Zeit!“

Nun will ich die so genannte Wende nicht nostalgisch überhöhen. Richtig ist: Es war eine höchst bewegte Zeit, eine sehr demokratische Zeit, eine enorm politisierte Zeit und eine Hochzeit der Bürgerrechtler, wie ich es seither nicht wieder erlebt habe. Aber richtig ist auch: Im Kern ging es um drei Monate, von Mitte Dezember 1989 bis Mitte März 1990. Dann war das Chaos aufgebraucht.

Zurück zu sozialen Rechten und Freiheitsrechten. Meine Erfahrungen sagen:

Im real-existierenden Sozialismus wurden die sozialen Rechte favorisiert und - so weit die ökonomischen Kräfte reichten - auch realisiert. Ich führe dafür als Beispiel drei Indikatoren an: Es gab weder massenhafte Arbeitslosigkeit, noch existenzielle Armut als gesellschaftliches Problem. Hinzu kam eine flächendeckende, und zwar kostenlose, pädagogische Kinderbetreuung.

Wesentliche Bürger- und individuelle Freiheitsrechte hingegen wurden zurück- oder ausgesetzt. Das betraf die Pressefreiheit, die Reisefreiheit, die Versammlungsfreiheit, die Meinungsfreiheit und andere mehr. Zwar waren fast alle irgendwie in der Verfassung der DDR verbrieft. Aber darüber standen letztlich fast immer die führende Rolle der SED und die staatliche Praxis.

Im real-existierenden Kapitalismus werden beide Rechte proklamiert, die sozialen und die individuellen Freiheitsrechte. Und sie werden realisiert, so lange die politischen Gegenkräfte reichen. De facto aber werden die sozialen Grundrechte als erstes fallen gelassen: Massen-Arbeitslosigkeit, ausufernde Armut und Perspektivlosigkeit der Jugend sind dafür fatale Indikatoren.

Aber auch die individuellen Freiheitsrechte - das Aushängeschild des Kapitalismus und seiner „freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ - stürzen zunehmend hinten runter. Dabei spreche ich über ein Kernland des Kapitalismus, über die Bundesrepublik Deutschland, und nicht über die Hinterhöfe des Kapitals in Afrika, Asien, Südamerika oder Osteuropa.

Meine Lehre aus dem zu Recht gescheiterten Sozialismusversuch sowjetischer Prägung ist: Man darf soziale Rechte und individuelle Freiheits- und Bürgerrechte weder hierarchisieren, noch gegeneinander aufrechnen. Deshalb reicht es auch nicht, wenn Linke sich sozial engagieren und Kriege ablehnen. Wir müssen immer auch als aktive Bürgerrechtler unterwegs sein!

Über all das sprach ich im vorigen Dezember auf einer Veranstaltung der LINKEN in Baden-Württemberg. Allerorten gab es seinerzeit Festveranstaltungen, auf denen der 60. Jahrestag der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gewürdigt wurde. Und so weit ich es konnte, habe ich die jeweils gehaltenen Reden und ihre Hauptbotschaften verglichen.

Das interessante war: Egal, ob die Referenten von der CDU, der SPD oder der FDP kamen, sie alle hatten bestenfalls die Artikel 1 bis 21 im Blick. In ihnen geht es um solche wichtigen Dinge, wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit, wie Demokratie und Mitbestimmung, wie der Schutz des Privatlebens vor staatlicher Willkür und überhaupt Rechtsstaatlichkeit.

Die folgenden Artikel indes kamen bei ihnen nicht vor. Zum Verständnis meiner Kritik zitiere ich aus dem Artikel 22: „Jeder hat (...) das Recht auf soziale Sicherheit und Anspruch darauf, durch (...) staatliche Maßnahmen in den Genuss der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen, die für (...) die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich sind.“

In Artikel 23 heißt es unter anderem: „(1) Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl (...) sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit. (2) Jeder, ohne Unterschied, hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit. (3) Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert.“

Warum die Redner der anderen Parteien diese sozialen Menschenrechte weggelassen haben, darauf mögen Sie sich einen eigenen Reim machen. Ich verweise darauf, weil bereits die allgemeine Erklärung der Menschenrechte - eine UNO-Deklaration - auf den bindenden Zusammenhang zwischen individuellen Freiheitsrechten und sozialen Menschenrechten verweist.

Ganz in diesem Sinne hatte die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) ihr zweites Parteiprogramm von 2003 verfasst. In ihm hieß es: „Freiheit ist der Bezugspunkt sozialistischer Politik.“ Nicht ein Bezugspunkt, sondern der Bezugspunkt. Das wird im parteipolitischen Gemetzel zwar verlässlich unterschlagen. Aber das galt als Angelpunkt linker Programmatik.

Die Autoren des Entwurfes wagten dabei einen Kunstgriff. Sie kamen übrigens von der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Deshalb will ich Prof. Dr. Dieter Klein und Prof. Dr. Michael Brie hier ausdrücklich erwähnen. Beide führten den Begriff der „Freiheitsgüter“ ein. Also der Güter, auf die jeder Mensch ein Recht habe, damit er wirklich in Freiheit und Würde agieren kann.

Dazu gehören ein friedliches Leben und das täglich Brot, Arbeit und Gerechtigkeit, Bildung und Gesundheit, und so weiter. „Die Verfügung über diese Güter entscheidet“, hieß es weiter, „ob Menschen frei oder unfrei sind.“ Damit wurde zugleich klar gestellt, dass Freiheit mehr ist, als ein individuelles Menschenrecht. Sie ist zugleich eine gesellschaftliche Herausforderung.

Damit kehre ich zu Rosa Luxemburg zurück. „Freiheit ist immer die Freiheit der anders Denkenden!“ Diese Botschaft haben wir - habe ich - gelernt. Freiheit ist aber immer auch die Freiheit der anders Lebenden. Denn wenn sie kein Privileg, sondern ein universelles Menschenrecht ist, dann lässt sie sich auch nicht von den globalen sozialen und ökologischen Entwicklungen trennen.

Eingangs habe ich gesagt: „Man darf soziale Rechte und individuelle Freiheits- und Bürgerrechte nicht hierarchisieren.“ Deshalb stimme ich auch diesem Satz in den programmatischen Eckpunkten der Partei DIE LINKE zu: „Gleichheit ohne individuelle Freiheit endet in Entmündigung und Fremdbestimmung. Freiheit ohne Gleichheit ist nur die Freiheit für die Reichen.“

Nun werde ich gelegentlich gefragt, welches Land oder welche Gesellschaft mir denn bei alledem vorschwebt. Meine Antwort ist einfach: Das hat es noch nicht gegeben. Ich spreche also über Utopia und nenne dies Demokratischen Sozialismus. Das ist meine linke Vision. Und mit ihr werde ich auch nächstes Jahr wieder in die „Gedenkstätte der Sozialisten“ zu Karl und Rosa gehen.
 

 

 

12.3.2009
www.petra-pau.de

 

Übersicht
Bundestag

 

 

Lesbares

 

Seitenanfang

 

Startseite