Aktuelle Notiz: Gruppenstatus für die PDS im Bundestag?

von Petra Pau
Berlin, 3. Juli 2003

1. 

Dass wir als Abgeordnete im Bundestag benachteiligt sind, das wurde inzwischen durch nahezu alle Medien beschrieben. Dabei sind „kein Tisch und kein Telefon“ nur Symbole für viel weitergehende Defizite. Umso mehr danke ich Bundestagspräsident Wolfgang Thierse dafür, dass er die Symbole verteidigt, anstatt uns offen beizustehen. Er sei in unserem Bunde der „Dritte“. Ohnehin werde ich immer wieder auf offener Straße angesprochen: „Hat der Thierse euch immer noch keinen Tisch gegeben?“

2. 

Gleichwohl: Wir geben nicht auf. Denn obwohl wir beide mit jeweils mehr Stimmen in den Bundestag gewählt wurden, als beispielsweise die CDU-Vorsitzende Angela Merkel, haben wir weit weniger parlamentarische Rechte und Mittel, um den Ansprüchen unserer Wählerinnen und Wähler und unseren eigenen gerecht zu werden.

3. 

Deshalb haben wir erneut beantragt, uns die gleichen Möglichkeiten einzuräumen, die alle Abgeordneten von Fraktionen selbstverständlich haben. Die erste Reaktion der Bundestagsverwaltung war bezeichnend: „Dürfen die zwei fraktionslosen Abgeordneten überhaupt Anträge stellen - noch dazu in eigener Sache - und müssen diese behandelt werden?“

4. 

Ob wir das dürfen, bleibt rechtlich unklar. Gleichwohl befand der dafür zuständige parlamentarische Ausschuss, er wolle unsere Anträge annehmen und beraten. Sie wurden heute aufgerufen, wir wurden gehört und auf den Herbst vertröstet. Dann soll entschieden werden. Irgendwas, vielleicht.

5. 

Unsere Forderungen sind bescheiden. Wir wollen zum Beispiel dabei sein, wenn parlamentarische Abläufe beraten werden. Wir wollen wenigstens ein Viertel von den Finanzen, die andere Abgeordnete über ihre Fraktionen nutzen können. Und wir wollen ab und an mitbestimmen, welche Themen auf die Tagesordnung des Bundestages kommen.

6. 

Das Problem ist grundsätzlicher. Die eigentliche Frage lautet: Was sind einzelne Abgeordnete „wert“ und damit die Stimmen ihrer Wählerinnen und Wähler? Wenn es Abgeordnete zweiter Klasse gibt, dann gibt es folglich auch Bürgerinnen und Bürger zweiter Klasse. Das Grundgesetz schließt so etwas - eigentlich - aus. Also sind „wir“ ein Fall fürs Bundes-Verfassungsgericht, oder?

7. 

Heute hörten wir im Ausschuss prima Gegenargumente. Er kenne sich in der Bundeswehr aus, meinte ein FDP-Mann. Inzwischen habe er auch NVA-Kenntnisse gesammelt. In beiden Armeen habe es nie Gruppen gegeben, die sich nur aus zwei Personen rekrutiert hätten. Folglich verstehe er nicht, was wir eigentlich wollen.

8. 

Der Abgeordnete der Grünen hielt sich im zuständigen Ausschuss heftig zurück. Als Ausgleich fürs Gemüt klatschte er später demonstrativ im Plenum, als Gesine Lötzsch und ich sprachen. Der CDU ist das Thema ohnehin lästig, die PDS im Bundestag auch. Und die SPD-Vertreter plädierten für Vertagung, hartnäckig, zum x-ten Mal.

 

 

3.7.2003
www.petra-pau.de

 

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