Für eine soziale und gegen eine Militär-EU

Bundestag, 1. April 2004, Tagesordnungspunkt: „Ergebnisse des Frühjahrsgipfels der EU“
Rede von Petra Pau

(es gilt das gesprochene Wort)

1.

Wir leben in der Europäischen Union und die EU wird erweitert - ab 1. Mai diesen Jahres um 10 neue auf insgesamt 25 Staaten. Allein das sind gute Gründe, die EU modern zu verfassen.

Allerdings wird die künftige EU-Verfassung nur dann eine gemeinsame sein, wenn auch alle EU-Bürgerinnen und -Bürger darüber abstimmen.

In vielen Ländern wird das so sein - ausgerechnet in Deutschland nicht. CDU und CSU waren immer dagegen. SPD und Grüne sprachen lange dafür. Inzwischen ist Rot-Grün ins Unions-Lager gewechselt.

Das schwächt die Demokratie, anstatt sie zu stärken. Die PDS bleibt bei ihrer Forderung: Volksabstimmung über die EU-Verfassung!

2.

Die Verfassung selbst ist ein Kompromiss, ein umstrittener zudem. Vor einem Viertel-Jahr kam der Prozess ins stocken. Ein EU-Gipfel scheiterte.

Nun, nach dem Regierungswechsel in Spanien und nach dem Einlenken Polens, ist die Debatte wieder offener. Viele Probleme aber bleiben.

Ich habe vor Wochenfrist hier gesagt: „Sie kennen meine grundsätzliche Kritik an der zunehmenden Militarisierung der Politik. In der künftigen EU-Verfassung wurde sie sogar als Pflicht festgeschrieben.“

Der Abgeordnete Joseph Fischer rief dazwischen: „So ist es!“
Herr Fischer ist im Ehrenamt Grüner und im Nebenberuf Außenminister. Er muss es also wissen. Die PDS indes lehnt eine Militär-EU ab.

3.

Mit ähnlicher Sorge sehen wir aktuelle Entwicklungen in der künftigen EU-Innenpolitik. Unter der Überschrift „Terror-Bekämpfung“ werden Bürgerrechte ab- und Geheimdienste ausgebaut. Der Datenschutz wird preisgegeben. Die Rolle des Parlaments wird geschwächt.

Das alles steht im Widerspruch zum Verfassungs-Prozess. Er ging mit mehr Transparenz und Demokratie schwanger. Nun droht eine Fehlgeburt. Umso mehr begrüße ich, dass das EU-Parlament gestern den Handel persönlicher Passagier-Daten mit den USA moniert hat.

4.

Die deutschen Unions-Parteien wollen der Europäischen Union noch immer einen Gottes-Bezug verordnen. Die PDS will das nicht. Er würde übrigens auch nichts an der sozialen Schieflage ändern, die mit der so genannten Lissabon-Strategie verfolgt wird.

Überhaupt: Es klingt mächtig, gewaltig, wenn die EU bis 2010 zur stärksten Wirtschafts-Region der Welt entwickelt werden soll. Es nützt nur wenig, wenn dabei immer mehr Bürgerinnen und Bürger verarmen.

5.

Aus all diesen Gründen teile ich den Optimismus nicht, der hier gelegentlich unter der Kuppel schwebt. Auch draußen herrscht Skepsis.

Schau'n wir mal: Am 13. Juni wird ein neues EU-Parlament gewählt. Die PDS tritt als pro-europäische Partei - für soziale Gerechtigkeit und gegen eine Militär-Union an. Das ist unsere, linke Alternative.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

1.4.2004
www.petra-pau.de

 

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