Telefon-Überwachung begrenzen

Bundestag, 17. Juni 2004, „Telefon-Überwachung“
Rede von Petra Pau

1. 

Die Telefon-Überwachung hat in den zurückliegenden Jahren drastisch zugenommen. Binnen zehn Jahren wurde sie verfünffacht.
Oder anders gesagt: Auch unter Rot-Grün wird zunehmend in Bürgerrechte eingegriffen. Das ist die Bilanz nach 5 Jahren gemeinsamer Regierung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen.

2. 

Nun hat die FDP dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Das ist wichtig. Ebenso habe ich für die PDS im Bundestag ausdrücklich das Urteil des Bundesverfassungsgericht gewürdigt. Es hat die ausufernde Praxis des großen Lauschangriffes gerügt.
Allerdings vermisse ich bisher entsprechende Konsequenzen bei der Bundesregierung und in den meisten Ländern. Früher war das ein originäres Thema der Grünen. Heute, so meine Beobachtung, ist ihr Bürgerrechts-Instinkt aufgebraucht. Ich bedaure das ausdrücklich.

3. 

Die Telefon-Überwachung ist aus rechtsstaatlicher Sicht eine Ausnahme, die zwingend begründet werden muss. Die Praxis spricht eine andere Sprache. Schon vor Jahresfrist hat der damalige Bundes-Datenschutz-Beauftragte moniert, dass die Telefonüberwachung von einer Ausnahme zum Standard mutiert sei.
Jüngste Untersuchungen belegen, dass sie obendrein lax genehmigt oder überhaupt nicht begründet wird. Die Polizei hat ein Begehr und immer mehr Richter stimmen unbedarft zu. Das ist ein Armutszeugnis für beide. Offenbar mangelt es in rechts-staatlichen Berufsständen an rechts-staatlichen Grundkenntnissen.

4. 

Von Bundesinnenminister Schily erwarte ich keine Besserung. Er hat sich als Sicherheits-Fanatiker mit unsäglichen Otto-Paketen einen Namen gemacht. Aber vielleicht - so meine Bitte - fühlt sich wenigstens Frau Justiz-Ministerin Zypries angesprochen. Denn es ist Aufgabe der Richter-Schaft, die Telefon-Überwachung zu überwachen und auf ein Mindestmaß zu beschränken.
Hinzu kommen weitere Unterlassungen. Wer überwacht wird, muss in aller Regel davon nachträglich informiert werden. Das ist rechtlich so geregelt. Aber auch in dieser Frage wird sträflich gegen Recht und Gesetz verstoßen.

5. 

Statt dessen wird unentwegt versucht, die ausufernde Überwachungs-Praxis auch noch rechtlich auszuweiten. Zum Beispiel auf Fälle, bei denen nicht mehr, als ein purer Verdacht vorliegt. Verdächtigen aber kann man jede und jeden. Mit rechts-staatlicher Praxis hat das nichts zu tun. Es grenzt an Willkür.
Deshalb tut Dreierlei Not: Die polizeiliche Praxis muss auf das Recht zurückgeführt werden. Das Recht muss sich am Grundgesetz orientieren. Und die Politik muss die verbrieften Bürgerrechte stärken, gerade auch Rot-Grün.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

17.6.2004
www.petra-pau.de

 

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