Beide „Otto-Pakete“ bleiben Gift

Bundestag, 23. September 2004, „Evaluierung der Otto-Pakete“
Rede von Petra Pau

(zu Protokoll gegeben)

1. 

Die FDP hat beantragt, die so genannten Otto-Pakete I und II zu überprüfen. Sie sollten der Sicherheit dienen und sie greifen Bürgerrechte an. Dieser Widerspruch war schon nach dem 11. September 2001 und den Terroranschlägen in den USA umstritten. Deshalb hatte die PDS im Bundestag ja auch beide „Otto-Pakete“ abgelehnt.

2. 

Damals hatten etliche Grüne tief geschluckt und hoch versprochen: Nach drei Jahren werden wir im Bundestag überprüfen lassen, was sinnvoll war und was überzogen ist. Aber nicht die Grünen sondern die FDP hat die Evaluierung beantragt. Die PDS im Bundestag hat leider kein Antragsrecht. Deshalb danke ich der FDP für ihre Initiative.

3. 

Mit den „Sicherheitsgesetzen I und II“, die 2001 von Bundes-Innenminister Otto Schily initiiert wurden, sollte der internationale Terrorismus bekämpft werden. Ob dies erfolgreich war, hat bislang niemand belegt. Erwiesen ist aber, dass damit der ohnehin angeschlagene demokratische Rechtsstaat ins Mark getroffen wurde.

4. 

Die Befugnisse der Geheimdienste wurden erweitert, der Datenschutz wurde abgebaut. Das Ausländerrecht wurde verschärft und der große Lauschangriff erweitert. Das Bundesverfassungsgericht hat derweil Entscheidungen von Rot-Grün als grundrechtswidrig kassiert. Aber Rot-Grün blieb im Fahrwasser der CDU/CSU, von Schily und Beckstein. Auch das gehört zur Negativ-Bilanz.

5. 

Überhaupt tut sich Rot-Grün schwer, wenn es um Bürgerrechte und Demokratie geht. Ich bedaure das ausdrücklich. Denn versprochen war anderes. Aber bislang gibt es weder ein hinreichendes Anti-Diskriminierungs-Gesetz, noch ein ernsthaftes Angebot für mehr Demokratie. Dabei bietet die künftige EU-Verfassung jeden Anlass, um Volksabstimmungen auf Bundesebene endlich einzuführen.

6. 

Stattdessen wird der Kampf gegen den Terrorismus genutzt, um verbriefte Bürgerrechte auszuhebeln. Ich erinnere an ein Parade-Beispiel. Die USA verlangen von Passagieren und Überfliegern mehr als 30 persönliche Daten. Das EU-Parlament klagt dagegen. Der SPD-Innenminister und der Grüne Außenminister indes finden das gut und richtig. Klarer kann man einstige Ideale nicht verraten.

7. 

Die „Otto-Pakete“ müssen überprüft werden. Ich habe sie von Anfang an für überzogen, für falsch gehalten. Denn wenn die These stimmt, dass fundamentale Terroristen rechts-staatliche Gesellschaffen zerstören wollen, dann darf man ihnen nicht noch vorauseilen.

8. 

Die PDS lädt übrigens zum 2. Oktober zu einer Datenschutz-Konferenz nach Berlin ein. Ich würde mich über Teilnehmer der FDP freuen. Aber auch die Grünen sind eingeladen. Sie könnten sich in eigener Sache erinnern: „Es war nicht alles schlecht!“, was sie dereinst einte.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

23.9.2004
www.petra-pau.de

 

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