Die Rüstungs-Tabus fallen reihenweise

Bundestag, 21. Oktober 2004, Jahresabrüstungsbericht 2003
Rede von Petra Pau

1. 

Wir debattieren den Jahresabrüstungsbericht der Regierung für 2003. Er datiert vom 14. Mai diesen Jahres und umfasst nahezu 200 Seiten.
Er enthält wichtige Details über internationale Bemühungen, zum Beispiel zur Nichtverbreitung von Atom-Waffen. Er unterschlägt allerdings erneut wesentliche Widersprüche der rot-grünen Rüstungs-Politik.

2. 

Ich darf namens der PDS im Bundestag erinnern: SPD und Grüne waren 1998 mit hehren Zielen angetreten. Sie fanden Eingang in die politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern vom Januar 2000.
Gleich im ersten Satz steht: Die „Rüstungsexport-Politik“ ist „restriktiv“ zu gestalten. Nach Berechnungen verschiedener Institute liegt die Bundesrepublik Deutschland mit ihren Rüstungsexporten weltweit auf Platz 3 bis 5. Ein Beleg für „restriktiv“ ist das nicht - im Gegenteil.

3. 

Die deutsche Rüstungsindustrie exportierte im Berichtsjahr Rüstungsgüter und kriegsfähiges Material in über 100 Länder. Auch diese Zahl widerspricht jedem Selbstlob aus rot-grünen Reihen.
Aber die Verstöße gegen die eigenen Vorsätze gehen tiefer. „Die Lieferung von… Rüstungsgütern wird nicht genehmigt in Länder, die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind“. So steht es unmissverständlich in den Richtlinien der Bundesregierung. Geliefert wurde dennoch, zum Beispiel nach Israel. Also in eine Region, die unkalkulierbare Risiken birgt.

4. 

Dieser Tage gab es weitere Schlagzeilen: „Deutsche Konzerne profitieren am Irak-Krieg!“ Der Hintergrund: Deutsche Rüstungsexporte sind ausgerechnet an jene Länder gestiegen, die am Irak-Krieg beteiligt sind. Sagen Sie nun nicht, dass es sich um NATO- bzw. EU-Staaten handele, um „Bündnis“-Partner. Die Richtlinien schließen Rüstungsexporte in alle Länder aus, die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind, die nicht von der UNO gedeckt sind.
Der Irak-Krieg aber ist völkerrechtswidrig, er ist zugleich ein Affront gegen die UNO und im Interesse Deutschlands ist er auch nicht. Das haben Sie selbst betont. Nach Ihren eigenen Richtlinien hätten Sie diese Rüstungsexporte daher dreifach begründet verhindern müssen.

5. 

Die Beispiele ließen sich fortsetzen. Und so ist es kein Wunder, wenn in der „Welt“ vom 12. Oktober 2004 genüsslich kommentiert wird: „Rüstungsexport ist kein rot-grünes Reizthema mehr. Auf Drängen des Kanzlers fallen jetzt reihenweise die Tabus“. (Ende des Zitats)
Das aber verschweigen sie in ihrem Bericht. Das macht ihn unglaubwürdig. Zugleicht frohlockt die Rüstungslobby. Schlimmer kann sich die "rot-grüne Friedens-Koalition" nicht karikieren.

6. 

Das trifft übrigens auch auf das „Bombodrom“ in der Kyritz-Ruppiner-Heide zu. Denn genau betrachtet, fällt auch der Bomben-Abwurf-Platz unter die Export-Richtlinien, sobald er international vermarktet wird. Die PDS ist dagegen. Auf den im Wahlkampf versprochenen Gruppen-Antrag von Rot-Grün gegen das Bombodrom warte ich allerdings noch immer.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

21.10.2004
www.petra-pau.de

 

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