Die PDS hat eine andere Sicht und andere Prioritäten

Bundestag, 15. Juni 2005, „Grundmandatsklausel“
Rede von Petra Pau

1. 

Das Bundeswahlgesetz sieht zwei Wege vor, über die eine Partei in den Bundestag einziehen kann. Entweder sie überwindet mit den 2.-Stimmen die 5-Prozent-Hürde. Oder mindestens drei Kandidaten dieser Partei gewinnen dank der 1.-Stimmen ihre Wahlkreise direkt.
Das letztere nennt man Grundmandatsklausel. CDU und CSU wollen sie ändern. Geht es nach ihrem Willen, dann müssten künftig mindestens fünf Direktmandate errungen werden, damit die so erfolgreiche Partei Mitglied des Bundestages werden kann. Das lehnt die PDS erwartungsgemäß ab.

2. 

Gesine Lötzsch und ich, wir haben jetzt fast drei Jahre lang als direkt gewählte Abgeordnete hier im Bundestag gearbeitet. Alle Versuche, unsere Rechte als Abgeordnete zu stärken und unsere Arbeitsbedingungen zu verbessern, sind an der Mehrheit des Bundestages gescheitert.
Die Logik, die immer wieder gegen uns ins Feld geführt wurde, ist übersichtlich. Wir seien keine Fraktion und dürften daher auch keine gleichen Rechte beanspruchen. Die Logik kippt aber in ihr Gegenteil, wenn man sie aus Sicht des Abgeordneten, noch mehr, wenn man sie aus Sicht ihrer Wählerinnen und Wähler betrachtet.
Sie sind die eigentlich benachteiligten, sie werden zweitklassig behandelt und sie würden erneut benachteiligt, wenn sich die CDU/CSU mit ihrem Antrag durchsetzen würde. Was nur zeigt: Es geht der CDU/CSU nicht um mehr Recht, wie behauptet. Es geht ihr um ungestörte Macht.

3. 

Das kann man natürlich nicht als Begründung in einen Antrag schreiben. Also hat die CDU/CSU gemeint, sie wollte aus der „Weimarer Republik“ Lehren ziehen und verhindern, dass links- und rechtsextremistische Splitterparteien über die Grundmandatsklausel - sie nennen sie „Trojanisches Pferd“ - in den Bundestag gelangen. Das ist absurd!
Seit 1990 hat nur eine Partei von der Grundmandatsklausel profitiert. Das war 1994 die PDS. Es gab seither keine andere Partei und es gibt derzeit keine andere Partei, die drei oder mehr Grundmandate gewinnen könnte.
Es geht der CDU/CSU in Wahrheit also darum, den Wählerinnen und Wählern der PDS zu schaden. Das, Frau Merkel, zeugt von wenig Souveränität. Noch dazu kurz vor einer Wahl, die Sie gewinnen wollen.

4. 

Dass die PDS im Bundestag das nicht unwidersprochen lassen kann, versteht sich. Wir werden den CDU/CSU-Versuch, Wählerstimmen konkurrierender Parteien klein zu rechnen, auch nicht hier im Raum belassen. Vor allem aber wird die PDS nun erst recht um mindestens fünf Bundestags-Wahlkreise kämpfen, die wir gewinnen wollen.
Abschließend: Eigentlich hätte ich hier viel lieber darüber gestritten, wie sich die Arbeitslosigkeit verringern, wie sich Vermögen gerechter besteuern und wie das miserable Image der Politik verbessern lässt.
Ich halte fest: Die CDU/CSU setzt andere Prioritäten. Das bedaure ich, aber das ist Ihr Wille. Die Leute im Land haben besseres verdient.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

15.6.2005
www.petra-pau.de

 

Seitenanfang

 

Übersicht

 

Reden&Erklärungen

 

Lesbares

 

Startseite