Schlechter Stil oder universelle Eingreiftruppe?

Bundestag, 14. Dezember 2006, Polizeireformkommission
Rede von Petra Pau

(zu Protokoll gegeben)

1. 

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hat eine Reform der Bundespolizei angekündigt. Er tat dies über die Medien. Das kritisieren die Betroffenen, das kritisieren die Gewerkschaften, das kritisieren die Grünen und das kritisiere auch ich. Diese Ankündigungspolitik via Medien ist einfach schlechter Stil.
Dieser schlechte Stil ist auch in der Sache überflüssig. In meinen Gesprächen, die ich jüngst beim Bundespolizeipräsidium-Ost hatte, wurde ziemlich deutlich: Auch dort geht man von einem umfangreichen Reformbedarf aus und es gibt auch die Bereitschaft, umfangreiche Reformen umzusetzen.
Nun hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ihre Kritik in einen Antrag gegossen. Darin fordert sie die Einsetzung einer Polizeireformkommission. Das finde ich nun wieder übertrieben. Zumal: Den schlechten Stil eines Ministers kann man nicht einfach zum Besseren kommissionieren.

2. 

Die Grünen argumentieren, die Polizeireform muss über eine Organisationsreform hinausgehen. Sie müsse sich auch neuen inhaltlichen Aufgaben stellen. Genannt werden zum Beispiel „die zahlreichen Polizeimissionen im Ausland“ und „Aufgabenverlagerungen“, die sich aus dem „Schengen Abkommen“ ergeben.
Das alles und mehr, so Bündnis 90/Die Grünen, müsse „auf solide gesetzliche Grundlagen gestellt werden“. Genau hier will ich einhaken und auf Innenminister Schäuble zurückkommen. Der will nämlich auch mehr, als eine Organisationsreform. Er sieht die Bundespolizei als Teil einer neuen Sicherheitsarchitektur.
Wir wissen, dass die Unionsparteien weiterhin die Bundeswehr im Innern einsetzten wollen. Und wir wissen, dass die Polizei zunehmend im Ausland eingesetzt wird. Übrigens ohne jeden Parlamentsvorbehalt. Hier gibt es in der Tat eine Gesetzeslücke. Wir brauchen also auch für die Polizei ein Parlamentsbeteiligungsgesetz.

3. 

Aber wenn ich den Bundesinnenminister auf der Berliner Sicherheitskonferenz am 08.12.2006 richtig verstanden habe, dann schwebt ihm neben der Bundeswehr und neben der Bundespolizei etwas Drittes vor: Halb Polizei, halb Armee in einem, also eine Art weltweit agierende universelle Eingreiftruppe für alle Fälle.
Das wiederum wäre mehr als eine Reform, die mit schlechtem Stil angekündigt wird. Und das wäre auch mehr, als Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Antrag beschreiben und mit einer Kommission nebst Internet-Portal bewerkstelligen wollen. Wir hätten es mit einer neuen Qualität militärischer Innen- und Außenpolitik zu tun.
Dies wäre ein weiterer Schritt auf einem Weg, den DIE LINKE ohnehin kritisiert. Ich habe unlängst aufgezeigt, wie die neue Sicherheits-Architektur mit dem Grundgesetz kollidiert und damit mit der Gesellschafts-Architektur. Dem demokratischen Rechtsstaat wird Boden entzogen. Darum geht es, nicht nur um schlechten Stil.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

14.12.2006
www.petra-pau.de

 

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