Abschiebung stoppen, Grabstätten erhalten

Bundestag, 7. Juli 2011,Top 25: zum Antrag von CDU/CSU und FDP „Situation der Sinti und Roma in Europa verbessern“
Rede von Petra Pau

(zu Protokoll gegeben)

1. 

Der Bundestag befasst sich seit Monaten mit der unbefriedigenden Situation der Sinti und Roma in Europa. Dazu gibt es mehrfach Gründe. Zum einen gibt es eine EU-Initiative zur besseren Integration von Sinti und Roma. Zweitens hatte Zoni Weisz am 27. Januar 2011 als Vertreter der Sinti und Roma im Bundestag die historische und aktuelle Verantwortung Deutschlands angemahnt. Und drittens ist es die vielfach eklatante Lage von Millionen Sinti und Roma in Europa selbst.
 
Ich habe in der Auftaktdebatte hier kritisiert, dass die CDU/CSU und die FDP mit ihrem 12-Punkte-Beschluss zwar formal den EU-Vorgaben folgen. Sie tun ansonsten aber so, als handele es sich um ein auswärtiges Problem, so als hätte es mit der Bundesrepublik Deutschland und mit der Politik hierzulande selbst nichts zu tun. Das aber ist ein Trugschluss und wer Augen hat zum Sehen und wer Ohren hat zum Hören hat, weiß das auch. Nur die Regierungs-Fraktionen ducken sich weg.
 
Und auch das gehört zum Problem: Die EU-Ratspräsidentschaft lag im ersten Halbjahr 2011 bei Ungarn. Somit hatte Ungarn auch die Federführung für eine weitergehende Sinti- und Roma-Strategie. Ausgerechnet Ungarn, wo die Ausgrenzung und Verfolgung von Sinti und Roma Tagesgeschäft ist und selbst vor Mord nicht zurück geschreckt wird. Ich habe zu diesem Widerspruch bislang kein Wort gehört, nicht von der CDU/CSU, nicht von der FDP, nicht von Bundeskanzlerin Merkel, auch nicht von Außenminister Westerwelle.

2. 

Die Abstimmungsempfehlungen aus den parlamentarischen Ausschüssen sind übersichtlich. Die CDU/CSU und die FDP werden mit ihrer eigenen Mehrheit ihren unzulänglichen Antrag zum Beschluss erheben und die weitergehenden Anträge der SPD, der LINKEN und der Grünen ablehnen. Deshalb will ich auf zwei Punkten noch einmal besonders eingehen.
 
DIE LINKE hat gefordert, die geplante Abschiebung von ca. 10.000 Roma in den Kosovo auszusetzen. Die Grünen taten es auch. Denn diese Roma werden zwangsweise in ein Land geschickt, dass ihnen feindlich gesinnt ist. CDU/CSU und FDP lehnte das ab, die SPD enthielt sich. Im Ausschussprotokoll ist dazu weiter vermerkt: „Alternativen: Annahme der Anträge“, was nicht gewollt war. Und wieder aus der Protokollnotiz: „Kosten wurden nicht erörtert.“ Mit Verlaub: Es geht um Menschen.
 
Der Vorsitzende des Zentralrats de Sinti und Roma in Deutschland, Romani Rose, hat zudem alle Fraktionen gebeten, ein weiteres akutes Problem zu lösen. Nach deutscher Friedhofsordnung droht zahlreichen Roma-Grabstätten die Einebnung. Sie sind zugleich Roma-Gedenkorte, die an den Holocaust erinnern. In dem Beschluss, der heute zur Abstimmung steht, findet sich auch dazu nichts. Kurzum: DIE LINKE wird diesen unsensiblen und würdelosen Koalitionsantrag ablehnen.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

7.7.2011
www.petra-pau.de

 

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