Menschenrechte für Sinti und Roma
Bundestag, 17. Oktober 2014, Debatte zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Antiziganismus erkennen und entschlossen bekämpfen
Rede von Petra Pau
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1. |
Bündnis 90/Die Grünen hat beantragt, sich dem Antiziganismus zuzuwenden, als der vielfältigen Diskriminierung von Sinti und Roma.
Das teilt DIE LINKE ausdrücklich.
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Wolfgang Benz hat vor wenigen Tagen sein Buch Sinti und Roma: Die unerwünschte Minderheit vorgestellt.
Ich war bei der Präsentation dabei und empfehle das Buch.
Darin erinnert er, dass die Zigeuner von jeher ausgegrenzt wurden.
In der Nazi-Zeit gipfelte das im Völkernord an Sinti und Roma,
den auch nach 1945 lange niemand wahrnehmen wollte.
Und auch heute werden Sinti und Roma oft wie Aussätzige behandelt,
nicht nur in Osteuropa, sondern auch in Deutschland.
Das ist nicht hinnehmbar.
Denn es geht nicht um irgendwelche besondere Minderheitenrechte,
sondern um allgemeine Menschenrechte für Sinti und Roma.
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3. |
Aktiver Antiziganismus knüpft häufig an Ängste und Vorurteile an
und facht sie an, fernab der Wahrheit.
Als aktuelles Beispiel führe ich hier Hetze gegen Sinti und Roma
in Halle/Saale, in der Silberhöhe, via Facebook an.
Halle gegen Rechts - Bündnis für Zivilcourage hat einige aufgegriffen.
Behauptung 1: Roma-Kinder würden nicht zur Schule gehen.
Tatsache ist, sie unterliegen der Schulpflicht und gehen in die Schule.
Behauptung 2: Roma vermüllen Wohnhaus und öffentliche Flächen.
Tatsache: Dem widersprechen die Vermieterin und die Stadtverwaltung.
Behauptung 3: Roma stehlen was nicht niet- und nagelfest ist.
Tatsache: Weder die Polizei, noch der Supermarkt bestätigen das.
Behauptung 4: Wegen krimineller Roma wurde die Polizeipräsenz erhöht.
Tatsache: Sie musste erhöht werden, zum Schutz der Sinti und Roma.
Ich füge an:
Solche und weitere Vorurteile werden nicht nur vom rechten Rand bedient, sondern auch aus der Mitten der Gesellschaft. Und Vorwürfe, Sinti und Roma seien Sozialschmarotzer, kommen auch aus der Politik.
Das ist unverantwortlich.
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4. |
Gleichwohl sollten wir noch einmal in Ruhe beraten,
ob die vorgeschlagene unabhängige Expertenkommission Antiziganismus darauf die richtige Antwort ist.
Ich erinnere an die Expertenkommission zum Antisemitismus. Ihre Expertise liegt seit über zwei Jahren vor, weitgehend folgenlos.
Eine Expertise, die folgenlos bleibt, nützt weder Jüdinnen und Juden, noch Sinti und Roma, übrigens auch nicht der Gesellschaft.
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5. |
Und auch daran will ich abschließend erinnern:
Seit drei Jahren kennen wir die Ergebnisse der Langzeitstudie über Deutsche Zustände von Prof. Heitmeyer (Uni Bielefeldt) und Team.
Der Befund: Die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit nimmt zu, gegen Sinti und Roma, gegen Migrantinnen und Migranten, gegen Menschen mit Behinderungen, gegen Obdach- und Arbeitslose usw.
Auch darauf haben bisher weder der Bundestag, noch die Politik insgesamt reagiert. Übrigens wird als Ursache in der Studie ein gesellschaftlicher Mega-Trend benannt:
Das Soziale wird ökonomisiert, die Demokratie entleert.
Der Befund zeigt aber auch: Es reicht nicht, die Probleme in den Innenausschuss zu überweisen oder Experten anheim zu stellen.
Ich sage als LINKE: Wir brauchen einen tiefgreifenden Politikwechsel.
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