Dieses Gesetz schwächt den Datenschutz

Bundestag, 27. April 2017 Debatte zur Anpassung des deutschen Datenschutzrechts an EU-Vorgaben
Rede von Petra Pau

Beim vorliegenden Antrag geht es um Datenschutz, konkret um die Anpassung des deutschen Rechts an Vorgaben der Europäischen Union.
Das ist der formale Hintergrund.
Inhaltlich geht es um mehr. Denn Datenschutz ist nicht, wie Unionspolitiker gelegentlich unterstellen, Täterschutz. Datenschutz ist ein verbrieftes Bürgerrecht und obendrein eine unverzichtbare Basis für jedwede Demokratie.
Bürgerinnen und Bürger, die nicht mehr wissen oder nicht mehr wissen können, wer was über sie weiß, sind manipulierbar und nicht mehr souverän.
So hat es das Bundesverfassungsgericht wiederholt bekräftigt.
Und das ist die politische Dimension dieser Debatte.
Folglich heißt die Frage:
Schafft dieses Gesetz mehr Datenschutz, stärkt es den Souverän und die Demokratie?
Oder schwächt es den Datenschutz und mithin Bürgerrechte und Demokratie?
Meine Antwort lautet: Das Gesetz schwächt den Datenschutz und deshalb wird DIE LINKE. als moderne sozialistische Bürgerrechtspartei es auch ablehnen.

Mit diesem Nein stehen wir keineswegs allein da.
Im Innenausschuss des Bundestags hatte es am 27. März eine öffentliche Expertenanhörung zu diesem Gesetzesvorhaben gegeben.
Das Gros der Datenschutzexperten äußerte dabei erhebliche Kritik an der Vorlage der CDU/CSU und der SPD.
Und trotz aller Änderungen im Detail kommt die Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD) zu dem Schluss:
„Der (...) vorliegende Gesetzesvorschlag verkehrt europäische Regelungen in ihr Gegenteil und bedeutet einen massiven Rückfall Deutschlands im Bereich des Datenschutzes.“
Und ich füge hinzu: Niemand hier im Rund, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, niemand kann hernach sagen, sie oder er hätte das nicht gewusst.

Ich will nur drei gravierende Kritikpunkte anreißen:
•  Die weitgehende Regelung zur Videoüberwachung stellt eine vermeintliche Sicherheit über verbriefte Grundrechte und ist mithin verfassungswidrig.
•  Die Rechte betroffener Bürgerinnen und Bürger werden eher eingeschränkt, denn ausgeweitet.
•  Kontrollmöglichkeiten und Sanktionen bei Verstößen gegen den Datenschutz werden unverantwortlich kleingeschrieben.
Datenschutz-Initiativen gehen sogar davon aus, dass dieses Gesetz vom Europäischen Gerichtshof kassiert werden könnte.
In eine solche Blamage sollte der Deutsche Bundestag nicht sehenden Auges rennen. DIE LINKE. wird es jedenfalls nicht tun.

Schließlich sollte niemand davon ausgehen, dass die Datenschutz-Debatte mit der Abstimmung heute beendet sei.
Wir leben in einer Zeit fortschreitender Digitalisierung. Und wir beschreiten damit, wie es Bundeskanzlerin Merkel einmal formulierte, „Neuland“.
Dafür hatte sie viel Häme geerntet. Allerdings nicht von mir, denn sie hat Recht.
Immer mehr Daten werden erfasst, gespeichert, verarbeitet, auch persönliche.
Übrigens nicht nur von Geheimdiensten, die mit diesem Gesetz ja auch eine Art Freibrief erhalten. Sondern ebenso von weltumspannenden Monopolen, für die Datenverarbeitung ein Goldrausch ist.
Das alles stellt an den Datenschutz noch viel weiterreichende Fragen, als sie mit diesem Gesetz aufgenommen wurden.
Und so habe ich die dringende Hoffnung, dass sich der nächste Bundestag endlich dieser Herausforderungen annimmt.
 

[als Video]

 

 

27.4.2017
www.petra-pau.de

 

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