Bericht:

„Aber wählen würde ich sie nicht“

Die PDS Ortenau räumt ein, dass es schwierig ist, Anhänger zu finden / MdB Petra Pau zu Gast

Badische Zeitung - Lokalteil 11. Februar 2005

OFFENBURG (adl). „Soziale Alternativen zu Schröder, Merkel und Co.“ nennt sich eine Veranstaltungsreihe der PDS Ortenau, zu der sich als erstes prominentes Mitglied die Bundestagsabgeordnete Petra Pau auf den Weg nach Offenburg gemacht hatte. In der „Zauberflöte“ sprach Pau vor gut 30 Zuhörern über die sozialen Folgen von Hartz IV, Rechtsextremismus und auch ein bisschen über Krieg und Frieden. Bei Hartz IV bemängelt sie vor allem, dass eine ganze Bevölkerungsgruppe in eine soziale Randlage gebracht wird, aus der sich diese auf Dauer nicht mehr befreien können. Die PDS unterstütze im Rahmen ihrer Möglichkeiten Klagen gegen das Gesetz, das bei acht Gruppen nach einem rechtlichen Gutachten unter Umständen nicht verfassungskonform sei.

Arbeitsloseninitiativen seien aber gerade dabei, Musterfälle vorzubereiten und dann auch den Klageweg notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht durchzufechten. Sie macht aber auch Betroffenen Mut, sich für zehn Euro beim Amtsgericht einen Berechtigungsschein für eine rechtsanwaltliche Beratung zu holen und den Bescheid fürs Arbeitslosengeld II prüfen zu lassen. „Allein schon der Briefkopf eines Rechtsanwalt führt viel eher dazu, dass Korrekturen durchgeführt wurden“, so Pau, die aber bei aller inhaltlichen Gegnerschaft zu den Maßnahmen keinen bösen Willen unterstellt. Sie vermisst aber eine öffentliche Debatte um soziale Gerechtigkeit, denn Hartz IV ist für Pau ein Symbol dafür, dass die sozialen Unterschiede in der Gesellschaft immer größer werden. Überhaupt fehle im Bundestag eine richtige Opposition, was sie am Beispiel von Auslandseinsätzen der Bundeswehr erläuterte. Mittlerweile gebe es um dieses Thema nicht einmal mehr eine öffentliche Debatte. Ähnlich verhalte es sich beim Umgang mit dem Rechtsextremismus: „Das ist kein Problem des Ostens“, sagte Pau, „es gibt wirkliche Angstzonen in Deutschland.“ Pau nimmt eine große Diskrepanz zwischen öffentlicher Wahrnehmung und der Statistik wahr: Täglich passierten 1,5 rechtsextreme Gewalttaten in Deutschland. Petra Pau spricht bei allem Klartext und vertritt ihre Position, tut das aber immer sachlich und unaufgeregt. Sie ist für Auseinandersetzung und Aufklärung, aber hält die Einschränkung von Versammlungsfreiheit und Verbote auch für problematisch, weil dies auch Einschränkungen für alle anderen mit sich bringt. Doch neben der harten Sachpolitik gibt es bei der Diskussion auch durchaus heitere Momente: Pau erzählt, wie sie seit einiger Zeit Urlaub in Bayern macht anfangs wie als „die Kommunistin“ das Gesprächsthema war. Inzwischen war sie sechsmal da: Dieses Jahr kamen Kurdirektor, die Lokalzeitung, die SPD-Ortsgruppe lud sie ein, und sogar die Allgäuer PDS traut sich unter ihren Fittichen mal wieder ans Tageslicht.

Durchaus selbstkritisch zeigte sich die PDS Ortenau (etwa 25 Mitglieder), warum sie sich im Westen immer noch schwer tut. „Meine Mutter ist 86 Jahre alt, sie gibt den Leuten von der PDS recht, aber wählen würde sie sie nicht“, brachte ein Anwesender die inhaltliche Nähe, aber institutionelle Distanz zur Partei zum Ausdruck. „Das ist ein kulturelles Problem“, lieferten erfahrenere Mitglieder eine Erklärung. Es sei immer noch ein soziales Tabu, sich offen zur PDS zu bekennen. Sie wehrte sich aber entschieden - trotz aller Kritik an Hartz IV - gegen Vergleiche der heutigen Bundesrepublik mit Weimar und machte ihren Parteifreunden in der Ortenau Mut. In der PDS-Reihe sind weitere Vorträge geplant, unter anderem mit der Europaabgeordneten Sarah Wagenknecht.
 

 

 

11.2.2005
www.petra-pau.de

 

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