Demokratie-Prozesse

frage: Sehr geehrte Frau Pau!

Mein Name ist Benjamin Turecek, ich studiere in Wien Politikwissenschaften. Im Rahmen des Seminars „Demokratie und Legitimationsprozesse“ beschäftige ich mich mit der Frage nach möglichst breiter Partizipation in der Demokratie.
Meine Frage an sie ist nun, wer soll in Demokratieprozesse eingebunden werden, um möglichst breite Partizipation zu ermöglichen? Wie kann man ermöglichen, dass breite Teile der „Beherrschten“ selbst mitbestimmen können? Gibt es Akteure, die nicht einbezogen werden sollen? Die Frage interessiert mich sowohl im nationalstaatlichen Rahmen, als auch auf europäischer Ebene. Mich interessiert dabei sowohl ihre, als auch die Position der Linkspartei/PDS. Ich verbleibe mit der Bitte um baldige Antwort und mit freundlichen Grüßen

Benjamin Turecek,
Wien, Österreich, 21. November 2006

Sehr geehrter Benjamin Turecek,

bitte verstehen Sie, dass ich auf die Fülle Ihrer Fragen nur kurz und unsortiert eingehen kann. Die Haushaltsdebatte im Bundestag und der so genannte BND-Untersuchungsausschuss binden derzeit mehr Zeit und Kraft, als ich eigentlich habe. Ich versuche es dennoch in acht Punkten:

1. Die Linkspartei.PDS ist grundsätzlich für mehr Demokratie, im politischen Raum, aber auch in der Arbeitswelt, in der Bundesrepublik Deutschland und in der Europäischen Union.

2. Damit ist auch mehr direkte Demokratie gemeint, also Volksabstimmungen und so weiter. In dieser Frage ist die Bundesrepublik Deutschland übrigens ein EU-Entwicklungsland.

3. Davon ausgeschlossen sollten nur Ausnahmen. In der Sache nur Themen, die den Grundbestand der Gesellschaft berühren. Bei Personen nur solche, die rechtskräftig kein Wahlrecht genießen.

4. Punkt 3 bedeutet im Umkehrschluss, dass auch Migrantinnen und Migranten dort einzubeziehen sind, wo sie ihren Lebensmittelpunkt haben. Und, dass das allgemeine Wahlalter unter 18 Jahre zu senken ist.

5. Es gibt weitere Formen für mehr Partizipation. Ein Beispiel sind "Bürgerhaushalte". In Berlin werden sie in drei Stadtbezirken mit Bürgermeistern der Linkspartei.PDS erprobt.

6. Eine weitere Form ist das allgemeine politische Mandat für Studentenvertretungen. Es wird zuweilen bestritten. Aber vielleicht ist das ein typisch deutscher Streit. Mir fehlt dazu derzeit der Vergleich.

7. DIE LINKE im Bundestag hat aktuell das Recht auf einen politischen Generalstreik beantragt. In Frankreich und anderen Ländern gibt es diese Extremform außerparlamentarischer Partizipation.

8. Die EU indes hat prinzipielle Defizite, auch demokratische. Sie ist intransparent. Außerdem dominiert die EU-Kommission das EU-Parlament. Das stellt die Demokratie auf den Kopf.

Ich weiß, das ist alles fragmentarisch und es gibt viel mehr Themen und Bereiche, die mit Ihren Fragen zusammenhängen. Stichpunkte: Medien, Internet, Datenschutz, u. v. a. m.. Ich hoffe dennoch, ich konnte Ihnen etwas weiterhelfen. Grundlegende Dokumente der Linkspartei.PDS finden Sie übrigens unter www.linkspartei.pds.de oder unter www.sozialisten.de. Außerdem empfehle ich Ihnen die theoretischen Angebote der Rosa-Luxemburg-Stiftung: www.rosalux.de/cms/index.php?aktuell.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Pau
24. November 2006

 

 

24.11.2006
www.petra-pau.de

 

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