Offener Brief an Frau Petra Pau: Zur Arbeitssituation von Bundestagsabgeordneten

Sehr geehrte Frau Pau,

vor vielen Jahren besuchte ich mit einer Besuchergruppe aus Cuxhaven den Bundestag. Auf dem Weg zur Besuchertribüne kamen wir an einer Sitzgruppe mit Couchtisch vorbei, an dem Sie und ihre Kollegin Lötzsch (vermutlich) eine Rede vorbereiteten. Wir, SPD-Mitglieder, fanden es unwürdig und unangemessen, daß Abgeordnete - sogar mit einem Direktmandat - im Plenarsaal keinen Arbeitsplatz mit einem Tisch erhalten hatten. Im anschließenden Gespräch mit unserer Abgeordneten Annette Faße sagten wir deutlich und unmißverständlich, daß wir diese Schlechtbehandlung nicht akzeptabel fanden. Frau Faße entgegnete sinngemäß, daß sie dies auch nicht gut fände, aber an dieser Zuweisung nichts ändern könne.

Wie sich die Zeiten für Sie geändert haben: von der „Aussätzigen“ im Bundestag zur Vizepräsidentin dieses Parlaments.

Ich bitte Sie, sehr geehrte Frau Pau, sich an Ihre damalige Arbeitssituation zu erinnern: Sorgen Sie als Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags dafür, daß die fraktionslosen Abgeordneten Frauke Petry, wie Sie damals mit einem Direktmandat in den Bundestag gekommen, und Mario Mieruch, NRW-Landesliste, an ihren Plätzen im Plenarsaal einen Arbeitsplatz oder einen Tisch erhalten. Beide fraktionslose Abgeordnete sind nicht vergleichbar mit anderen Bundestagsabgeordneten, die ggf. einen Platz in ihrer Fraktion finden.

Ich will ausdrücklich darauf hinweisen, daß ich nicht nur kein AfD-Anhänger bin, sondern in meinem blog diese „Schande für Deutschland“ regelmäßig kritisiere.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Henseler, Cuxhaven, Niedersachsen
28. November 2017

Sehr geehrter Herr Henseler,

Sie haben mir geschrieben. Warum Sie dies in einem „offenen Brief“ taten, werden Sie sicher wissen.

Nun können Sie davon ausgehen, dass ich die Jahre 2002 - 2005 natürlich nicht vergessen habe. Und auch unabhängig davon bin ich dagegen, dass es Abgeordnete 1. und 2. Klasse gibt. Folglich werde ich mich auch als Vizepräsidentin des Bundestages dafür engagieren, dass alle die gleichen Rechte haben.

Dass war allerdings auch damals, als Gesine Lötzsch und ich fraktionslos im Bundestag waren, nicht primär eine Frage von Tischen und Telefonen, auch wenn es sich in den Medien so darstellte. Viel prägender war, dass wir parlamentarisch weniger Rechte hatten. Leider hatten wir damals versäumt, rechtzeitig beim Bundesverfassungsgericht dagegen zu klagen.

Noch einmal zurück zu ihrer Mahnung, für die Ex-AfD-Abgeordneten Tische bereitzustellen. Dies ist keine Frage des guten oder schlechten Willens, sondern hat auch etwa mit der räumlichen Situation zu tun. Der Plenarsaal wurde räumlich für rund 600 MdB konzipiert. Der aktuelle Bundestag hat 709 MdB.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Pau
29. November 2017

 

 

29.11.2017
www.petra-pau.de

 

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