Aktuelle Notiz: Die Bush-Rede und die PDS im Bundestag von Petra Pau, 24. Mai 2002 | ||||
23. Mai 2002: Herr Bundeskanzler, war das die angekündigte historische Rede des USA-Präsidenten? Die Frage kam vom ZDF, während ich mich wiederum fragte: Was wäre wohl, wenn Schröder jetzt sagen würde: Nee, so was höre ich jeden Tag und obendrein glaube ich bestenfalls die Hälfte! Das historische Nichts (Nachschlag: Mit so einer undenkbaren Kanzler-Antwort wäre er immerhin auf TAZ-Linie gewesen. Die brachte tags darauf eine nahezu leere Seite 1 mit der Überschrift: Bushs historische Rede) Kaum hatte Bush seine Rede beendet, begann auf allen Kanälen das große deuten: Was hat er gesagt, was gemeint und was könnte historisch sein? Sie fanden fast alle was, irgendwas. Nur eines nicht: Was will die USA (Politik) künftig anders machen, als bisher und als das, was auch dieser Tage in Berlin hunderttausendfach kritisiert wurde? Er hat ‚seine' Weltgendarmenrolle nicht in Frage gestellt und zu drängenden Problemen - Klima, UNO, Kinderrechte, usw. - nichts gesagt. (Bush-Rede) Dafür wurden zwei andere Passagen hochgelobt. Bush habe keine konkreten Kriegspläne gegen den Irak. Habe er versichert. Und: Bush werde morgen in Moskau mit Russlands Präsidenten einen historischen Abrüstungsvertrag unterzeichnen. Selbiger Stuss wurde dem Publikum des Abends untergejubelt, als ich in einer WDR-Talk-Show war. Und auch im ZDF, wo sich Roland Claus unter anderem mit Bundesinnenminister Schily stritt, wurde solch Unsinn verbreitet. Zum sogenannten Abrüstungsvertrag nur drei kurze Anmerkungen. Erstens geht es darum, dass beide Staaten Zweidrittel ihrer strategischen Atom-Waffen außer Betrieb nehmen. Das klingt gut, ist aber wenig, denn von Vernichten steht nichts im Vertrag. Zweitens bleiben die USA dabei, sich selbst durch einen weltraum-gestützten Abwehrschild vor atomaren Raketen-Angriffen zu schützen. Das bringt den Vereinigten Staaten exklusive Sicherheit bei gleichzeitiger Fähigkeit, andere Staaten zu bedrohen und zu vernichten. Und drittens hat der angeblich historische Vertrag eine Kündigungsfrist von drei Monaten. Weniger, als ein gewöhnlicher Mietvertrag, meinte ein Kommentator. Die Besten der PDS-Fraktion Wir wussten: Das wird, das kann nicht unsere Rede werden. Und wir werden dies deutlich machen. Nicht für uns, nicht nur für die PDS, sondern zugleich für 20 bis 55 Prozent der Bevölkerung, die nicht daran denken, bedingungslose Solidarität für ein politisches Credo zu halten. Es gab im Vorfeld eine lange, gründliche und auch widerstreitende Debatte darüber, wie die Fraktion agieren sollte. Carsten Hübner entschied sich, überhaupt fernzubleiben. Er wollte keine Kulisse für einen Monolog abgeben, zudem ein kritischer Dialog nicht vorgesehen ist. Eine klare Ansage, eine berechenbare zudem, finde ich. Die Fraktionsmehrheit meinte, auch ich: Wir nehmen uns nicht aus dem Bundestag heraus, denn wir haben zugleich auf den Friedens-Demos rund um den Staatsbesuch erneut klar gemacht, was wir von der aktuellen USA-Politik und von bedingungsloser Solidarität halten: Nichts, und das weiß man! Nun wollen wir durch Teilnahme im Parlament unsere Kritik demonstrieren. Nicht polternd oder störend, aber für alle sichtbar in grundsätzlicher Opposition: zur USA-Politik, zur CDU/CSU und auch zu Rot-Grün. Es gab im Vorfeld auch andere Vorschläge in der Fraktion, wenige. Alle hatten ihre Gründe und Motive. Sie wurden debattiert und erwogen. Das ist PDS-Kultur. Und jene, die ein größeres, plakatives Zeichen setzen wollten, wie Winni Wolf, erklärten schließlich: Wir verzichten auf eine Abstimmung, weil die Mehrheiten klar sind und wir werden auch nichts anderes tun, als die Mehrheit!
Bushs Rede zum [download] in Deutsch und zum [download] in Englisch (rtf-Dateien) | ||||
25.5.2002
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