DIE LINKE wirkt - unter der Kuppel und im Leben

Wahlkampfpodium der LINKEN in Bayern
Rede von Petra Pau
Memmingen, 25. Juli 2008

I. Die soziale Frage ist zurück

Vor kurzem (18. 05. 2008) schrieb „Der Spiegel“: „Knapp ein Jahr nach der Vereinigung der großen Linkspartei.PDS (...) mit der kleinen WASG (...) scheint auch die Westausdehnung erfolgreich angelaufen. In kurzer Zeit ist es Lafontaine mit seiner Partei gelungen, die deutsche Politik kräftig durchzuschütteln.“ Und immer noch „Der Spiegel“:
„Am schlimmsten hat es dabei die SPD erwischt. Doch für die anderen Parteien hat die Existenz der Linken ebenfalls vieles verändert. Niemand kann es sich noch leisten, die soziale Frage zu ignorieren.“

DIE LINKE hat die soziale Frage in die Bundes-Politik zurück geholt und keine Partei kann mehr ausweichen. Das ist ein ungeahntes Lob des „Spiegels“ an DIE LINKE und an alle, die DIE LINKE gewählt und damit gestärkt haben.
Mehr noch: DIE LINKE diktiert derzeit als Oppositions-Fraktion im Bundestag die Themen. Das will ich gern an fünf Beispielen illustrieren:

1. Mindestlohn
Als ich mit Gesine Lötzsch von 2002 bis 2005 allein für die Linke im Bundestag war, wurden wir von allen verlacht, wenn wir gesetzliche Mindestlöhne forderten. Heute tut die SPD so, als habe sie die Mindestlöhne erfunden.

2. Pendlerpauschale
Die Pendlerpauschale wurde für Millionen abgeschafft. DIE LINKE hatte dazu gesagt: Das ist unlogisch, ungerecht und unsozial. Heute fordert die CSU, die Pendlerpauschale vom ersten Kilometer an wieder einzusetzen.

3. Reiche
Als SPD und Grüne den Steuersatz für Besser- und Bestverdiener gesenkt hat, da haben wir gesagt: Das geht zu Lasten des Sozialstaates. Heute fordern die Grünen wieder höhere Spitzensteuersätze.

4. Arme
Wir haben damals gesagt: Stattdessen müssen endlich die kleinen und mittleren Einkommen von Abgaben entlastet werden. Heute fordern etliche CDU- und CSU-Politiker „mehr Netto“ für die so genannten kleinen Leute.

5. Kriegseinsätze
Als die Bundeswehr nach Afghanistan geschickt wurde, haben wir das abgelehnt. Inzwischen gehen die Grünen wieder auf Distanz zu Kriegseinsätzen und auch innerhalb der SPD und in Teilen der FDP rumort es.

Kurzum, der „Spiegel“ hat Recht, wenn er schreibt: „Seit Jahrzehnten hat keine Parteigründung das politische Gefüge Deutschlands stärker verändert als die der Linken.“ Ich füge hinzu: Das war überfällig! Aber: Das ist ein Anfangserfolg, noch keine politische Wende. Zur selben Zeit, als der „Spiegel“ dies schrieb, gab es zwei weitere Meldungen:

1. 13 Prozent aller Bürgerinnen und Bürger in der Bundesrepublik gelten als arm und ohne staatliche Notgroschen wären es 25 Prozent. Zugleich sind die Gehälter der besser Gestellten massiv gestiegen.
2. Demnächst würden nicht mehr alle Krankheiten behandelt werden können. Dafür reiche das Geld im Gesundheits-System nicht. Die Bürgerinnen und Bürger müssten für sich daher mehr und mehr privat vorsorgen.
Kurzum: Die Armut wächst weiter und zugleich werden die Armen sich selbst überlassen. Gegen diese falsche Politik gibt es noch sehr viel zu tun. Und ich sage Ihnen: Mit einer guten Wahl in Bayern können auch Sie viel dafür tun.

II. Bayern kann europäisches Signal setzen

Nun ist es ja gerade in Bayern so, dass LINKE wählen noch immer eine Art Mutprobe darstellt. Ich war vor kurzem im Kreis Donau-Ries. Da wiederum erzählte mir ein Hotel-Besitzer folgende Episode. Er hatte Unterschriften gesammelt, damit DIE LINKE zur Landtagswahl zugelassen wird. Er tat dies nicht als ausgewiesener Linker, sondern einfach als Bürger mit sozialen und demokratischen Ansprüchen. Sein Bürgermeister - CSU-Mitglied - stellte ihn daraufhin zur Rede. Er beschimpfte ihn, wieso ausgerechnet er, ein bislang geachteter Bürger, nun für die kommunistischen Lumpen Unterschriften sammle.
Der Hotel-Besitzer wurde konsequenter. „Wenn ich mehr Demokratie will und schon dafür als Lump beschimpft werden, dann kann ich gleich bei der Linken eintreten.“ So sagte er es seinem CSU-Bürgermeister und er tat es.

Vor Jahresfrist hatte DIE LINKE in Donau-Ries sieben Mitglieder. Inzwischen sind es 134. Der CSU-Bürgermeister empfing mich übrigens freundlichst im Rathaus. Er bat mich um einen Eintrag in sein goldenes Gemeinde-Buch. Ich wiederum prophezeie ihnen: Wenn DIE LINKE am 28. September in den Bayerischen Landtag gewählt wird, dann ist das kein Bayerischer Unfall, nein, dann ist das ein bundesweites Ereignis mit europäischer Ausstrahlung.
Fragen sie sich also selbst: Wann hatten sie zuletzt die Chance, solche Schlagzeilen zu schaffen? Und welche Partei hat mehr frischen Wind in ihren vermeintlichen Erbhöfen verdient, als die angestaubte CSU?

Zu Stoibers Zeiten war es ja gelegentlich noch lustig. Allemal, wenn er den Mund aufmachte und über den Transrapid sprach. Oder darüber, was seine Frau mit dem Gärtner tut, wenn er außer Haus ist. Seither ist es in der Bayerischen Landespolitik nur noch bieder - und gefährlich. Die CSU hat ein neues Versammlungsrecht ins Werk gesetzt. Es wurde kürzlich im Landtag final verhandelt. Als Innenpolitikerin habe ich mich natürlich mit dem Gesetz-Entwurf befasst. Ich sage ihnen meine Kurzfassung: Wer demonstriert wird registriert! Das ist das Demokratie-Verständnis der Huber und Becksteins.
Auch dagegen regt sich endlich Widerstand, zuletzt in München. Und das ist gut so. Überhaupt: Immer, wenn es um die Einschränkung von Bürgerrechten geht, dann sind die CSU und Bayern vornweg. Auch das muss sich endlich ändern.

III. SPD verheddert sich im Wirr-Warr

Zur SPD wollte ich eigentlich wenig sagen. Denn DIE LINKE steht zuweilen in dem Ruf, die SPD sei ihr Hauptgegner. Das kann ich für mich völlig ausschließen. Aber das mag an meiner Ost-Biografie liegen. Ich finde, die PDS hatte 1990 vieles von der SPD abgeschrieben, insbesondere wenn es um die Demokratie ging. Nun aber sollte die SPD endlich von der Linken abschreiben, insbesondere wenn es ums Soziale und um Frieden geht.bAber die SPD verkrampft. Sie verheddert sich immer mehr im eigenen Wirr-Warr. Sie tut das obendrein aggressiv. Und deshalb will ich doch etwas mehr zur SPD sagen, auch zur Bayerischen.

Die Bundes-SPD hat sich zwei Argumente gegen die DIE LINKE ausgedacht. Sie wurden bis in den letzten Orts-Verein durchgestellt. Verbunden mit der Order, sie mögen überall nachgeplappert werden.bDie erste SPD-Sprechblase ist die von der „so genannten Linkspartei“. Ich bitte sie: Was ist an der SPD noch links? Was ist an ihr noch sozial und demokratisch? Sie ist es nicht einmal mehr „so genannt“. Also: geschenkt! Die zweite SPD-Sprechblase meint: DIE LINKE habe kein Partei-Programm. Deshalb wisse auch niemand, was die so genannte Linke eigentlich wolle. Dazu ließe sich vieles sagen - und entgegnen. Aber es ist noch viel putziger. Vor zwei Wochen hat die Bayern-SPD ihr Wahlprogramm beschlossen. Und was lese ich da: flächendeckend gesetzliche Mindestlöhne, Vermögenssteuer für Reiche, gebührenfreie Kindergärten, keine Studiengebühren und so weiter.bKurzum: Die SPD hat seitenlang von der so genannten Linken aus unseren programmatischen Forderungen abgeschrieben, die es angeblich gar nicht gibt. Und spätesten da wird der ganze SPD-Zauber schizophren.

Und es kommt noch ärger: Der „Seeheimer Kreis“ Bayern, ein SPD-Zusammenschluss, hat eine Polemik gegen DIE LINKE verschickt. Darin wird DIE LINKE als reaktionär und im Bunde mit Rechtsextremen beschrieben. Wer so argumentiert, hat aus der Geschichte nichts gelernt. Der verharmlost letztlich den Faschismus und so etwas sollte innerhalb der SPD eigentlich undenkbar sein. Das hoffte ich. Aber das ist es leider nicht. Derselbe „Seeheimer Kreis“ feiert übrigens noch immer „Hartz IV“ und die „Agenda 2010“ als historischen Sieg der SPD. Wohl bemerkt: Auch in Bayern! Und deshalb hilft der SPD nur eines: noch mehr Druck von links!

IV. LINKE sind Geister der SPD

Nun noch ein paar Worte zur Partei DIE LINKE. Zuweilen wird ja behauptet, sie sei das Werk von Oskar Lafontaine und Gregor Gysi. Das ist nicht ganz falsch. Aber richtig ist es auch nicht. Erinnern sie sich: SPD und Grüne hatten - angefeuert von der CDU/CSU - Hartz IV und die Agenda 2010 beschlossen, also Armut per Gesetz. Es gab bundesweite Proteste. Heraus kam die WASG als neue Partei.bDann erzwang Bundeskanzler Schröder vorgezogene Neuwahlen. Das war 2005. Heraus kam die Fraktion DIE LINKE und ihr folgte die Partei DIE LINKE. Seither wird die SPD die linken Geister nicht mehr los, die sie selbst rief.

Binnen eines Jahres ist DIE LINKE in die Landtage in Bremen, Hamburg, Hessen und Niedersachsen gewählt worden. Nach verschiedenen Kriterien ist sie inzwischen sogar die drittstärkste Partei in Deutschland. Und sie wirkt! Noch vor Jahren schien jede Stimme für die Linke eine verschenkte Stimme zu sein. Das ist heute anders, auch in Bayern. Gerade das erklärt ja die Aufregung der konkurrierenden Parteien.

Es gibt übrigens drei Indikatoren für meine These.
1. Auf jedem Parteitag anderer Parteien wird lang und breit über DIE LINKE hergezogen. Das spricht für DIE LINKE.
2. Keine Partei kann sich noch den Themen der Partei DIE LINKE entziehen. Das spricht für DIE LINKE.
3. Alle Medien befassen sich mit der Partei DIE LINKE. Mal nachdenklich, mal gehässig. Aber auch das spricht für DIE LINKE.
Wir lernen daraus: Wer über die LINKE spricht, ist auf der Höhe der Zeit. Und wer sich für DIE LINKE entscheidet, ist obendrein auf der spannenden Seite. Ein besseres Angebot gab es in Bayern Jahrzehnte lang nicht.

V. DIE LINKE will einen Systemwechsel

Ein drittes Totschlag-Argument gegen DIE LINKE lautet übrigens: DIE LINKE wolle einen Systemwechsel und das sei staatsfeindlich. Lassen sie sich auch davon nicht irre machen. 1998, vor zehn Jahren, forderte ein CDU-Generalsekretär (Zitat) „den systematischen Umsturz aller Verhältnisse“. Pfarrer Hinze erhielt für seine Umsturzpläne frenetischen Beifall aller Parteitags-Delegierten. Die CDU wollte alle Schranken niederreißen, die dem Kapital im Wege stehen. Hintze wollte den Sozialstaat enthaupten. Und genau das ist der Unterschied. Die Union attackiert das Grundgesetz, DIE LINKE verteidigt es.

Das Grundgesetz definiert Deutschland als sozialen Rechtsstaat. Das ist die Theorie. Die Praxis ist eine andere. Immer mehr verlieren ihre sozialen Rechte und ihre Bürgerrechte purzeln hinterher. Das darf so nicht weiter gehen.
Und deshalb will DIE LINKE tatsächlich einen Systemwechsel. Wir nehmen es nicht hin, dass das Kapital über die Politik entscheidet. Und wir sind dagegen, dass Profite wichtiger sind, als Menschenrechte. Das aber ist der Welten Zustand, auch in der Bundesrepublik Deutschland, auch im Freistaat Bayern. Deshalb lassen sie sich nicht durch Propaganda, wie „so genannt“ oder „ohne Programm“ oder „systemkritisch“ verunsichern.

VI. Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde

Prüfen sie die konkreten politischen Angebote und prüfen sie die Glaubwürdigkeit der jeweiligen Partei. Und wenn sie das tun, dann werden sie gar Wundersames erleben. Auch dazu einen aktuellen Einblick: Die CSU will die Pendlerpauschale. Warum? Weil sie genau weiß: Mit der CDU und der SPD kommt sie nicht. Die SPD fordert eine Reichensteuer. Warum? Weil sie weiß: Die Union und die FDP sind dagegen. Und so können sie das aktuelle Forderungs-Karussell der anderen Parteien vor- und rückwärts drehen. Heraus kommt immer Wahlkampf-Geklingel in eigener Sache, ohne ernsthafte Folgen.

Die einzige Partei, die verlässlich für soziale Gerechtigkeit, für mehr Demokratie und für Frieden streitet, das ist derzeit DIE LINKE. Kurzum: Der politische Wechsel heißt links. Zumal: Zu allem Ungemach meint nun auch noch ein SPD-Minister, namentlich Per Steinbrück, die große Koalition mit der Union sei doch eigentlich supi. So sollte es nach der Bundestagswahl 2009 daher auch weiter geben. Wer solche Parteifreunde hat, braucht keine Feinde mehr. Aber das ist nun mal das Kontrast-Kabarett der Bundes-SPD zum Landes-Stadl der Bayerischen SPD. Ich jedenfalls würde von beiden Parteien keinen Gebrauchtwagen kaufen.

Stattdessen will ich ihnen ein letztes Beispiel erzählen. Beliebtes Thema: Diäten-Erhöhung im Bundestag. DIE LINKE war dagegen. Zugleich bin ich gegen billigen Populismus. Ich sage ihnen auch warum. Die Bundestagsabgeordneten kosten die Bürgerinnen und Bürger nämlich je 86 Cent pro Jahr. Das ist wirklich nicht die Summe, mit der sich die Welt verbessern lässt. Aber die Diätenerhöhung passte nun mal nicht in die Zeit. Schon gar nicht in einer Zeit, in der Rentnerinnen und Rentner mit einer fulminanten Renten-Erhöhung von 1,2 Prozent geködert werden sollten, die - preisbereinigt - unterm Strich ein Renten-Minus von 2 Prozent bedeutet.

Und es kam noch doller. Ex-Bundespräsident Roman Herzog - CDU -warnte danach flugs vor einer drohenden Rentner-Demokratie, bei der die Alten die Jungen ausplündern. Das grenzte schon an Senioren-Rassismus. Überhaupt: Lassen sie sich nicht gegeneinander ausspielen: Junge gegen Alte, Frauen gegen Männer, Ossis gegen Wessis und so weiter. Die Würde des Menschen ist unantastbar, aller Menschen. Das ist unser linkes Credo! Und so frage ich mich schon, was für ein Menschenbild inmitten der Parteien mit dem „christlich“ im Namen zuweilen tobt. Mit dem Grundgesetz hat das nichts zu tun, auch nicht mit der Bibel. Aber zurück zur Diäten-Erhöhung:

Nun sagten uns die Abgeordneten der anderen Fraktionen: Ihr habt gut tönen. DIE LINKE sagt Nein, wohl wissend, die anderen Parteien beschließen sie doch. Dann spielt DIE LINKE das Opfer und ihr habt trotzdem mehr Geld. Wir haben den anderen angeboten: Geht bei der Abstimmung raus und lasst uns alleine abstimmen. Dann werdet ihr ja sehen, was heraus kommt. Das war der CDU/CSU, der SPD, der FDP und den Grünen natürlich zu gefährlich.
Und auch daher mein Abschluss-Plädoyer: Folgen sie bei der Landtagswahl ihrem eigenem Verstand und ihrem eigenen Gefühl. Lassen sie sich nicht veralbern und seien sie mutig. Ein gutes Herz ist rot und es schlägt links.
 

 

 

25.7.2008
www.petra-pau.de

 

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