Demokratie verteidigen


Grußwort von Petra Pau auf dem Bundeskongress der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD)
Berlin, 11. Januar 2018

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Anrede,

Vorigen Monat, im Mai, wurde viel über das Grundgesetz gesprochen.
Es trat 1949 in Kraft, also vor 70 Jahren. Es definiert die Bundesrepublik Deutschland als demokratische Republik und gilt als oberstes Regelwerk für alle Bürgerinnen und Bürger und den Staat.

Würde das Grundgesetz reden können, dann dürfte es allerdings sagen:
„Ich will weniger gewürdigt und mehr verteidigt werden.“
Zu Recht, denn Verstöße und Attacken gegen das Grundgesetz gibt es zuhauf, nicht nur von so genannten Extremisten.

Das beginnt bei Artikel 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Wohl bemerkt aller Menschen, die Würde von jeder und jedem.
Ich merke nur mal an: Jedwede Würde braucht eine soziale Basis.
Prekäre Beschäftigung, Leiharbeit oder Armutsrenten gehören nicht dazu.

Oder Artikel 4: Er garantiert die Freiheit des Glaubens.
In einer Gesellschaft, in der Muslimen allein ob ihrer Religion unterstellt wird, sie seien Terroristen, ist etwas faul.

Artikel 16a beginnt mit „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“.
Ein Staat, der Menschen in Not in Länder abschiebt, in denen Krieg tobt, nimmt es mit seinem Grundgesetz nicht so genau, vorsichtig formuliert.

Schließlich der Datenschutz: Er wurde durch ein Urteil des Bundesverfassungsgericht 1983 in den Rang eines Grundrechtes erhoben.

Sinngemäß hieß es in der Begründung: Bürgerinnen und Bürger, die nicht mehr wissen oder nicht mehr wissen können, wer was über sie weiß, sind nicht mehr souverän. Eine Demokratie ohne Souveräne aber ist nicht denkbar. Überlegen Sie mal, wer was über sie weiß oder wissen könnte.

Vornweg beim massenhaften Datenklau agieren kapitale Monopole, wie Facebook, Google oder Amazon. Ihr Geschäftmodell ist genau betrachtet grundgesetzwidrig. Und wir alle helfen ihnen dabei, indem wir sie nutzen - ich übrigens auch.

Aber der Staat ist kaum besser, als das Silicon Valley.
Aktuell begehren die Innenminister Deutschlands Zugriff auf alle digitalen Geräte, selbst in Wohnungen, die doch eigentlich grundrechtlich geschützt sind.

Da ihre Konferenz sich mit Fragen der Demokratie befasst, wollte ich ihnen das mit auf den Weg geben.

Und etwas Zweites:
Demokratie in Vielfalt hat etwas mit Teil haben und Teil sein zu tun. Es gibt eine Partei, die genau das nicht will und aktuell Zuspruch bekommt. Ich meine die AfD.

Sie wird als „rechtspopulistisch“ bezeichnet, nicht zu verwechseln mit populär. Populismus ist eine Ideologie, nach der die Gesellschaft in WIR und DIE geteilt wir. Das WIR vereint aus ihrer Sicht alle guten Eigenschaften und Vorhaben, das DIE folglich alle schlechten. Das WIR steht dem DIE mithin konträr bis feindlich gegenüber.

Ergo darf es gleichberechtigt keine unterschiedlichen Auffassungen geben und die zuweilen schwierige Suche nach Kompromissen ist von vornherein passé.
Das ist undemokratisch und mithin ist die AfD undemokratisch, auch wenn sie demokratisch gewählt wurde.

Ich könnte Ihnen das mit AfD-Zitaten und Beispielen aus dem Bundestag belegen.
Aber ich belasse es hiermit.

Sehen Sie mich, wenn es um Demokratie und Bürgerrechte geht, als Partnerin.
In diesem Sinne wünsche ich Ihrer Konferenz viel Erfolg.
 
 

 

 

15.6.2019
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