Anrede,
Zur Bundestagswahl habe ich unseren Wahlkreis verloren.
Wie haben als Partei massiv an Zweitstimmen verloren.
Um ein Haar sind wir an einem Fiasko vorbeigeschrammt.
Das ist ein Desaster. Das lässt sich nicht schön reden.
Sofern ich an dieser Niederlage einen persönlichen Anteil habe,
bitte ich um Entschuldigung. Zugleich danke ich allen, die sich im Wahlkampf
für uns aufgerieben haben.
Ich werde heute nicht versuchen, die Ursachen zu analysieren.
Mein Vorschlag war und bleibt. Der Parteivorstand möge eine
unabhängige Kommission beauftragen, dies zu tun.
Dabei geht es nicht nur um den aktuellen Wahlkampf.
Unsere Partei ist seit über einem Jahrzehnt auf Abwärtskurs,
die Linke ist dies EU-weit. Kleiner sind die Fragen nicht zu haben.
Mein zweiter Vorschlag war und bleibt daher: Wir brauchen als
Partei DIE LINKE eine dritte Erneuerung, neue programmatische
und strategische Debatten inklusive.
SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sondieren derzeit,
ob sie gemeinsam eine Koalition bilden können und mit welchem Programm?
Nach allem, was bislang vorliegt, dürfte vieles für viele noch dramatischer werden:
Keine steuerliche Belastung von Besserverdienenden;
keine steuerliche Entlastung von Geringverdienenden,
keine Abkehr von der Rüstungsspirale,
kein Mieterschutz,
keine Pflege- und Gesundheitsreform,
keine Aussetzung der Harzt IV-Sanktionen,
keine Digitalsteuer, usw.
Jede und jeder von uns könnte diese Aufzählung fortsetzen.
Unsere Niederlage könnte für viele Bürgerinnen und Bürger,
sowie für unsere Gesellschaft fatal werden.
Der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Brinkhaus, sagte zu den bislang bekannten Ampel-Vorhaben: Das ist die strammste Linksagenda, die wir seit Jahrzehnten in Deutschland gehabt haben.
Ich frage mich, was hat der Mann getrunken? Immerhin zeigt er, wohin es noch ginge, wenn die Unionsparteien das Sagen hätten.
Die Ampel-Vorhaben sind nicht nur sozial fatal, das auf jeden Fall.
Legen wir Analysen zu Grunde, nach denen eine neoliberale Politik
die tiefere Ursache für einen gesellschaftlichen Rechtsruck ist,
dann wird die Demokratie weiter gefährdet.
Dagegen werden Linke, werden auch wir gebraucht.
Ich frage weiterhin Monat für Monat die Bundesregierung, wie viele rechtsextreme Straf- und Gewalttaten sie registriert hat. Demnach wurden im
1. Halbjahr 2021 täglich 37,7 Straftaten erfasst und täglich mehr als eine Gewalttat. Die offiziellen Zahlen stapeln tief, die rechtsextreme Gefahr ist größer. Das dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren.
Trotz eines Zweitstimmen-Ergebnis von 4,9 Prozent sind wir als Fraktion im Bundestag. Von allen abgegebenen Wahlstimmen fallen rund 8 Prozent weg, weil sie an kleinere Parteien gingen, die es nicht in den Bundestag schafften.
Gemessen an der Gesamtzahl der Abgeordneten umfasst DIE LINKE
5,3 Prozent und hat mithin als Fraktion alle Rechte und Pflichten.
Was das konkret heißt, muss sich noch zeigen. Denn die Fraktion kommt
nächste Woche erst zum 2. Mal zusammen und wird sich dann konstituieren.
Dazu gehört auch die Zuteilung der Fachgebiete für die Abgeordneten.
Natürlich steht für alle die soziale Frage, das Markenzeichen der Linkspartei,
obenan. Im Kapitalismus und zunehmend unter globalen Bedingungen,
wozu die drohende Klimakatastrophe und die dynamische Digitalisierung gehören.
Ich möchte mich zudem weiterhin für Bürgerrechte und Demokratie einsetzen.
Dazu gehört der Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus, der drängender denn je ist. Dazu gehört, dass gesellschaftliche Initiativen, die sich entsprechend engagieren, politisch, moralisch und finanziell unterstützt werden, und zwar verlässlich.
Zur Negativ-Ampelliste sagte ich: kein Mieterschutz, also auch kein Mietendeckel. Eine Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner hatte sich parallel zu den Wahlen in einem Volksentscheide dafür ausgesprochen. Die rot-gelb-grüne Ignoranz ist fatal in der Sache und arrogant gegenüber direkter Demokratie.
Fakt ist: Berlinerinnen und Berlinern droht weiterhin Mietwucher, obwohl man dem gemäß Artikel 15 Grundgesetz einen Riegel vorschieben könnte.
|